Was vor gut acht Jahren als kleiner Gag auf Youtube begann, ist heute eine kleine österreichische Internet-Institution. Wir wussten zwar immer schon, dass uns die vielen Menschen im Fernsehen in ihrer tollpatschigen Selbstdarstellung und uneingeschränkten Entblößung gleichzeitig abstoßen und faszinieren. Doch selten wurden vorher Beats darunter gelegt. Kurt Razelli nimmt sich der Vermählung von beiden an: den TV-Inszenierern und den zu ihnen passenden Instrumentals. Gemeinsam werden sie zu mehr als die Summe ihrer Teile: Aus Sätzen werden Samples, aus einem Musikbett wird ein individuelles Entrance Theme. Der rüstige Karatekämpfer erstrahlt in Eurodance, der melancholische Pensionist bekommt beim Philosophieren am Würstelstand HipHop mit Zither eingespielt und beim Ganja-Song wobbelt gemächlich der Dubstep.
Nimmt Kurt Razelli die Menschen nur auf die Schaufel? Macht er sich bloß über ein paar Arme Deppen lustig? Aber, aber. Wer sich durch den über 100 Videos starken Backkatalog klickt, bemerkt, dass privilegierte Menschen wie PolitikerInnen und Fußballer mindestens so oft ihr Fett abbekommen wie der einfache Narr aus dem Arbeiterbezirk oder vom Speckgürtel. Ob jemand, die oder der sich ohnehin schon medial vorführen hat lassen, einfach nochmal durch den gewitzten Razelli-Audiovideowolf gedreht wird oder ob sich möglicherweise auch kleine Wahrheiten hinter den kuriosen Kampfschreien verbergen, die der Herr Kurt da sampelt? Das lässt sich nie auf Anhieb deuten. Diese Ambivalenz ist dann wohl der Kunstanspruch, den Kurt Razelli einlöst, ohne, dass sich der Mann dahinter selbst vordergründig als Künstler bezeichnen würde.
Macht er sich hier über jemand lustig, der oder die es verdient hat? Wird jemand in einen neuen Kontext gerückt, damit eine Botschaft besser, pointierter präsentiert und gehört werden kann? Oder darf es einfach auch wieder mal der pure Nonsense sein?
Jedenfalls: Kurt Razelli steht für ein simples Prinzip mit hohem Anspruch. Es ist eine sehr österreichische Einladung zum Deppert sein, ein Eisbrecher auf Partys, der mit hustenden Pandas und schnatternden Youtubern problemlos mithalten kann. Es sind Ohrwürmer mit Mehrwert, die wir da immer und immer wieder hören, mit perfekten Hooks, eindringlichen Wortwiederholungen und rhythmisierten Alltagsgeschichten.
Text von Robert Glashüttner (Radio FM4)